Am 4. November 2024 jährt sich der Geburtstag des christlichen Spätaufklärers Ignaz Heinrich von Wessenberg zum 250. Mal. Die Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz erinnert in ihrer Sommerausstellung an den Mann, dessen nachgelassener Kunstsammlung – rund 100 Gemälde und Zeichnungen sowie mehr als 600 Kupferstiche und Lithografien – sie ihre Existenz verdankt.

Marie Ellenrieder: Porträt Ignaz Heinrich von Wessenberg; 1819, © Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
Marie Ellenrieder: Porträt Ignaz Heinrich von Wessenberg; 1819, © Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
Johann Georg Volmar: Landschaft an der Aare; 1818, © Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz. Erworben mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH
Johann Georg Volmar: Landschaft an der Aare; 1818, © Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz. Erworben mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH
Bernardino Luini, Kopie nach Bartolomeo Veneto: Die Heilige Cäcilie mit zwei Engeln; ohne Jahr, © Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz. Erworben mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH
Bernardino Luini, Kopie nach Bartolomeo Veneto: Die Heilige Cäcilie mit zwei Engeln; ohne Jahr, © Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz. Erworben mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH
Unbekannter Künstler: Bildnis Ignaz Heinrich von Wessenberg; ohne Jahr © Rosgartenmuseum Konstanz
Unbekannter Künstler: Bildnis Ignaz Heinrich von Wessenberg; ohne Jahr © Rosgartenmuseum Konstanz
Florentinische Schule: Madonna mit dem Jesuskind und Johannes dem Täufer; ohne Jahr, 17. Jh.© Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz. Erworben mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH
Florentinische Schule: Madonna mit dem Jesuskind und Johannes dem Täufer; ohne Jahr, 17. Jh.© Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz. Erworben mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH

In einer Zeit, in der Kirchenbindung und Religiosität deutlich an Bedeutung verlieren, mag sich die Frage stellen, inwiefern die Beschäftigung mit einem Theologen wie Wessenberg, der 1774 geboren wurde und 1860 starb, noch von Interesse sein kann. Tatsächlich gibt es vielfältige Gründe, sich mit Wessenberg zu beschäftigen! Er war eine Persönlichkeit von geschichtlicher Bedeutung: Reformer und Gelehrter, Dichter und Pädagoge, Menschenfreund und Wohltäter. Wessenbergs Leben fiel in eine Epoche grundlegender Veränderungen und Umbrüche, er selbst hatte vor allem in kirchenpolitischer Hinsicht Anteil an diesem Prozess. Sein vielfältiges reformerisches Wirken, das unerschütterlich auf den „Glauben an die gute Schöpfung“ baute, hat bis heute Vorbildcharakter. Wessenbergs Eintreten gegen den päpstlichen und kurialen Zentralismus sowie sein Engagement für eine universale katholische Neuordnung lässt in Zeiten wie diesen, in denen von den großen christlichen Kirchen ein grundlegendes Umdenken erwartet wird, aufhorchen. Aber auch Wessenbergs soziales Engagement, von dem die Zivilgesellschaft im Zeitalter der beginnenden Industrialisierung profitierte, wirkte wegweisend.

Unsere Ausstellung widmet sich verschiedenen Aspekten von Wessenbergs Leben und Werk. Die Neuerungen, die er im damals größten deutschsprachigen Bistum anstieß, werden ebenso thematisiert wie der kuriale Widerstand, den er dadurch heraufbeschwor, was letztlich zur Zerschlagung des Bistums Konstanz und zu Wessenbergs „Abdankung“ führte. Daneben kommen seine vielfältigen Freundschaften zur Sprache, darunter Kontakte zu KünstlerInnen und SchriftstellerInnen. Aber auch seine zahlreichen Reisen und sein literarisches Schaffen sind Thema. Kommen Sie mit auf diese Zeitreise und lernen Sie einen Mann kennen, für den nach eigener Aussage „weltlicher Glanz nie einen Reiz hatte“. Wessenbergs Wunsch war es, „etwas Rein-Gutes zu wirken“ – diesem Leitstern ist er unbeirrt gefolgt.

Zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit den Beiträgen der Wessenberg-Tagung vom Oktober 2023.

Öffentliche Führungen

Sonntag, 26. Mai, 23. Juni, 21. Juli sowie 18. August 2024 jeweils 11 Uhr

Mittwoch, 29. Mai, 26. Juni, 17. Juli sowie 28. August 2024 jeweils 15 Uhr

Samstag, 13. Juli, 14 Uhr im Rahmen des Museumsfests

Happy Hour

Wie bieten Ihnen eine Abendführung durch die Ausstellung und servieren zur Einstimmung einen Apéritif.

Dienstag, 14. Mai, 11. Juni, 9. Juli sowie 13. August 2024 jeweils 19 Uhr 

Kostenbeitrag: 7,- Euro

Eine Anmeldung zur Führung ist obligatorisch: Katharina.Schlude@konstanz.de oder per Telefon 07531/9002913 (Montag bis Freitag, Freitag bis 14 Uhr).

"KUNST KREATIV" in Kooperation mit der Kunstschule Konstanz

Kunst-Workshop für Jugendliche und Erwachsene in Kooperation mit der Kunstschule Konstanz. Nach einer Führung durch die Ausstellung widmen wir uns eigenen kreativen Schöpfungen unter der Anleitung der Künstlerin Luise Merle.
 
Samstag, 6. Juli  2024, 14-17 Uhr 
Kostenbeitrag inkl. Führung und Material: 25 € p.P.

Anmeldung: Telefon 07531 900 2376 oder Mail: Franziska.Deinhammer@konstanz.de (Montag bis Freitag, Freitag bis 14 Uhr)

Stadtspaziergang - Auf Wessenbergs Spuren

Ignaz Heinrich von Wessenberg und seinem Wirken kann man an zahlreichen Stellen in der Stadt Konstanz begegnen.

Treffpunkt: Brunnen auf dem Münsterplatz, die Teilnahme ist kostenlos

Donnerstag, 13. Juni, 4. Juli und 22. August jeweils 16 Uhr sowie im Rahmen des Museumsfests am Samstag, den 13. Juli, um 11 Uhr

Eine Anmeldung zur Führung ist obligatorisch: Franziska.Deinhammer@konstanz.de oder per Telefon 07531/9002376 (Montag bis Freitag, Freitag bis 14 Uhr)

Familien-Workshop

Spielerische Werkbetrachtung mit anschließender praktischer Arbeit für Kinder ab 5 Jahren und ihre Begleitung. Dauer 1,5 bis 2 Stunden.

Sonntag, 23. Juni 2024, um 14.30 Uhr

Anmeldung: Telefon 07531 900 2376 oder Mail: Franziska.Deinhammer@konstanz.de (Montag bis Freitag, Freitag bis 14 Uhr)

Landschaftsbilder in der Sammlung von Ignaz Heinrich von Wessenberg

Kabinettausstellung im 2. OG
Ab 14. Mai 2022

Johann Jakob Biedermann: Landschaft am Thunersee; ohne Jahr; Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz. Erworben mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH
Johann Jakob Biedermann: Landschaft am Thunersee; ohne Jahr; Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz. Erworben mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH

Wann genau Ignaz Heinrich von Wessenberg mit dem Aufbau einer eigenen Gemäldekollektion begann, ist nicht bekannt. Aus seinem Elternhaus hatte er Familienbildnisse und das eine oder andere Werk geerbt. Mit seinem Rückzug ins Privatleben 1827 nahmen auch die Kunstankäufe zu, wobei er die meisten Bilder auf seinen zahlreichen Reisen erwarb.
Von den 141 noch vorhandenen Gemälden aus Wessenbergs Sammlung entfallen 42 auf italienische und 31 auf holländische bzw. flämische Maler, die alle aus dem 17. und 18. Jahrhundert datieren. Während bei den italienischen Werken Bilder mit religiöser Thematik dominieren, sind bei den niederländischen Gemälden Landschaftsdarstellungen in der Mehrzahl, darunter auch italianisierende Szenen, die sich seinerzeit großer Beliebtheit erfreuten.
Schon früh setzte sich Wessenberg für die Förderung ihm bekannter, in Konstanz lebender Künstler wie Johann Jakob Biedermann (1763-1830) oder Joseph Mosbrugger (1810-1869) ein. Als aufgeklärter Geist lehnte Wessenberg die pantheistisch aufgeladene Landschaftsmalerei der Romantik ab. Dennoch schätzte er Bilder von ausgeprägt stimmungsvollem Gehalt. Leuchtende Sonnenuntergänge oder effektvolle Wolkenbildungen laden die Landschaft in Mosbruggers Gemälden dramatisch auf. Der Schweizer Johann Jakob Biedermann neigte dagegen zu einer betont realistischen, farblich akzentuierten und formal prägnanten Darstellungsweise und siedelte seine beschaulichen Szenen vor stimmungsvollen Kulissen an, die nicht nur das heimische, sondern auch das touristische Publikum entzückten. Auch Johann Georg Volmar (1770-1831) wusste die Schweizer Bergwelt als Sehnsuchtsort in seine Bilder zu integrieren, indem er den Betrachter gleichsam einlud, es sich mit seinen Protagonisten auf der Picknickdecke bequem zu machen und bei einem Glas Wein die in der Ferne weiß schimmernden Alpen zu bewundern.

Bild: Eigentum des Landes Baden-Württemberg. Erworben mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH.

Die Bedeutung der Natur im Werk von Hans Meid

Kabinettausstellung im 2. Stock
Ab 29. Januar 2023

Hans Meid: Schwäne unter der Weide; 1905; Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
Hans Meid: Schwäne unter der Weide; 1905; Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz

Hans Meid (1883 Pforzheim-1957 Ludwigsburg) zählt zu den herausragenden deutschen Graphikern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Bereich der Druckgraphik, vor allem der Radierung, und der Buchillustration, entwickelte er einen eigenen impressionistischen Stil und kann auf diesem Gebiet gleichberechtigt neben Lovis Corinth, Max Liebermann und Max Slevogt genannt werden.
Vor dem Hintergrund einer von vielfältigen Umbrüchen und Spannungen bestimmten Epoche beschwor Meids Werk mit seinen ebenso romantisch-phantastischen wie heiteren oder dramatischen Kompositionen eine künstlerische Gegenwelt. Dabei kommt der Natur als Schauplatz seiner erzählerischen Darstellungen gesteigerte Bedeutung zu.
Buschwerk und Bäume boten dem Künstler die stimmungsvolle Kulisse für die Inszenierung seiner phantasievollen Szenarien. Bereits Meids Arbeit für die Meissner Porzellanmanufaktur hatte seine Vorliebe für Galanterien, Liebesgetändel und Rokokozierlichkeiten offenbart. Doch erst in der Radierung fand der Künstler das bildnerische Ausdrucksmittel, das es ihm ermöglichte, Form und Inhalt spielerisch-elegant zu verbinden. Seine narrativen Graphiken künden von einer romantisch gestimmten Vorstellungskraft, die das Sinnliche wie das Dramatische in eindrücklichen Bildern zu fassen vermag. Das Flirren des Lichts auf Blättern, majestätisch aufragende Palmen oder schattige Laubengänge unterstreichen den emotionalen Gehalt seiner Darstellungen.
Nach seiner kriegsbedingten Flucht aus Berlin trat für eine Zeit die reine Natur in den Vordergrund von Meids Schaffen. In Kreidezeichnungen hielt er die süddeutsche Landschaft fest, in die es ihn und seine Familie verschlagen hatte. Diese atmosphärisch dichten, von romantischem Geist beseelten Darstellungen bildeten jedoch nur ein Intermezzo in Meids Schaffen. Schon bald kehrte er zu seinen narrativen Kompositionen zurück, die das Dargestellte ins Historisierend-Bühnenhafte wenden und damit Distanz zur Wirklichkeit erzeugen.