Vom verkannten Heimatkünstler zum national gefeierten Malerstar: So lässt sich die Karriere des 1839 im Schwarzwald geborenen Hans Thoma umreißen, die ihn nach zähen Anfangsjahren schließlich an die Spitze der Karlsruher Kunsthalle führte. 100 Jahre nach seinem Tod 1924 in Karlsruhe erinnert die Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz an den bedeutenden Künstler.

Hans Thoma (1839-1924): Selbstbildnis mit Farbpalette; 1895, Lithografie, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
Hans Thoma (1839-1924): Selbstbildnis mit Farbpalette; 1895, Lithografie, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
Hans Thoma (1839-1924): Mondscheingeiger; 1897, Algrafie, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
Hans Thoma (1839-1924): Mondscheingeiger; 1897, Algrafie, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
Hans Thoma (1839-1924): ohne Titel (Sommer im Schwarzwald); 1897, Öl auf Leinwand, Privatbesitz
Hans Thoma (1839-1924): ohne Titel (Sommer im Schwarzwald); 1897, Öl auf Leinwand, Privatbesitz
Unbekannter Künstler: Bildnis Ignaz Heinrich von Wessenberg; ohne Jahr © Rosgartenmuseum Konstanz
Hans Thoma (1839-1924): Meereserwachen; 1897, Radierung, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
Hans Thoma (1839-1924): Adam und Eva im Paradies; 1888, Gouache auf Malkarton, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
Hans Thoma (1839-1924): Adam und Eva im Paradies; 1888, Gouache auf Malkarton, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
Hans Thoma (1839-1924): ohne Titel (Holzbrücke II); 1910, Radierung, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz, Schenkung Dominik Gügel
Hans Thoma (1839-1924): ohne Titel (Holzbrücke II); 1910, Radierung, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz, Schenkung Dominik Gügel

Hans Thoma wuchs in Bernau auf, einem kleinen Ort im südlichen Hochschwarzwald, der bis heute untrennbar mit seinem Namen verbunden ist. Tief geprägt von der heimatlichen Landschaft, zog es ihn 1859 zum Studium an der Großherzoglichen Kunstschule nach Karlsruhe. Damit begann eine mehr als dreißig Jahre andauernde Wanderschaft, die neben dem Wunsch nach Anerkennung vor allem von der Suche nach neuen Perspektiven bestimmt war. Erst 1890 brachte ihm eine Ausstellung im Münchner Kunstverein den langersehnten Durchbruch. Thoma war bereits 51 Jahre alt. Noch vor der Jahrhundertwende wurde er als Professor an die Karlsruher Kunstschule berufen und zum Direktor der Kunsthalle ernannt.

Thomas volksnahe und traditionelle Kunst stand zunächst in Opposition zum herrschenden Kunstverständnis. Doch mit der Wiederentdeckung der Landschaft als Sehnsuchtsort einer zunehmend naturentfremdeten Gesellschaft gewann sein Œuvre an Bedeutung. Heute steht Thoma vor allem aufgrund seiner völkisch-nationalen Gesinnung, einschließlich antisemitischer Äußerungen, im Fokus aktueller Diskussionen.

Die Ausstellung beleuchtet mit rund 80 Druckgrafiken, ausgewählten Gemälden und Arbeiten seiner Schüler wie Karl Hofer, Otto Marquard und Emil Rudolf Weiss Leben und Werk Hans Thomas. Den Grundstock der Präsentation bilden Grafiken, die durch eine umfangreiche Schenkung 2020 in die städtische Sammlung gelangten. Sie waren teils schon 1939 im Zuge deutschlandweiter Jubiläumsfeierlichkeiten in den Konstanzer Räumen zu sehen und kehren nach 85 Jahren erstmals dahin zurück.

Öffentliche Führungen

Sonntag, 29. September 2024, 27. Oktober 2024, 3. und 24. November 2024 , 8. Dezember 2024 sowie 12. Januar 2025, jeweils 11 Uhr

Mittwoch, 9. und 30. Oktober 2024, 13. und 27. November 2024, 11. Dezember 2024 sowie 8. Januar 2025, jeweils 15 Uhr

Führung für Museenioren - Angebot für die Generation 60+

In einer Führung für Museenioren am Dienstag, den 29. Oktober, um 15 Uhr gibt die Kunsthistorikerin Monika Leister Einblick in Hans Thomas Leben, das neben dem Wunsch nach Anerkennung immer auch von der Suche nach neuen Perspektiven bestimmt war.

Im Anschluss an die ca. 1-stündige Führung besteht die Möglichkeit, im gemütlichen Museumscafé des Rosgartenmuseums Kontakte zu knüpfen und das Gehörte Revue passieren zu lassen. 15 Euro pro Person (beinhaltet Eintritt, Führung, 1 Heißgetränk, 1 Stück Kuchen).
Anmeldung erforderlich: Ines.Stadie@konstanz.de oder +49(0)7531/900 2914.

Happy Hour

Wie bieten Ihnen eine Abendführung durch die Ausstellung und servieren zur Einstimmung einen Apéritif.

Dienstag, 1. und 22. Oktober, 19. November sowie 10. Dezember 2024, jeweils 19 Uhr 

Kostenbeitrag: 7 Euro

Eine Anmeldung zur Führung ist obligatorisch: Katharina.Schlude@konstanz.de oder per Telefon 07531/9002913 (Montag bis Freitag, Freitag bis 14 Uhr).

Vorträge

„Klingende Landschaften – Hans Thomas und Emil Rudolf Weiss‘ Gemälde zur Dekoration von Musikzimmern“

Vortrag von Christina Wimmer M.A., Kunsthistorikerin Regensburg

Um 1900 verfügten viele großbürgerliche Villen über Musikzimmer, die häufig den prachtvollsten und wichtigsten Raum des Hauses darstellten. Besonders bekannt ist Hans Thomas Gemäldefries für den Musiksaal des Münchner Mathematikers Alfred Pringsheim, auch Thomas Schüler Emil Rudolf Weiss dekorierte zwei solcher Räume für den Kunstsammler Karl Ernst Osthaus in Hagen und den Kunsthistoriker Nicola Moufang in Berlin. Beide Maler schufen mythologisch bzw. allegorisch aufgeladene Landschaftsgemälde, die den Betrachter in ein arkadisches Paradies versetzen.

ACHTUNG!
Der Vortrag wurde aus Krankheitsgründen auf Donnerstag, den 5. Dezember 2024, um 19 Uhr in den Räumen der Wessenberg-Galerie verschoben. 
Freier Eintritt

„Hans Thoma – Zur Rezeption des badischen Künstlers im Nationalsozialismus“

Vortrag von Simon Metz M.A., Historiker Karlsruhe

Hans Thoma blieb über die politischen Brüche des 20. Jahrhunderts hinweg populär – vor allem im deutschen Südwesten. Im Vortrag werden die Bemühungen der badischen Nationalsozialisten beleuchtet, die Thoma für ihre politischen Zwecke vereinnahmten, indem sie ihn zu einem urdeutsch-völkischen und antimodernistischen Künstler stilisierten.

Donnerstag, den 28. November 2024, um 19 Uhr, im Wolkensteinsaal im Kulturzentrum Konstanz
Freier Eintritt

"KUNST KREATIV" in Kooperation mit der Kunstschule Konstanz

Kunst-Workshop für Jugendliche und Erwachsene in Kooperation mit der Kunstschule Konstanz. Nach einer Führung durch die Ausstellung widmen wir uns eigenen kreativen Schöpfungen unter der Anleitung der Künstlerin Luise Merle.
 
Samstag, 12. Oktober und 24. November 2024, 14-17 Uhr 
Kostenbeitrag inkl. Führung und Material: 25 Euro p.P.

Anmeldung: Telefon 07531 900 2376 oder Mail: Franziska.Deinhammer@konstanz.de (Montag bis Freitag, Freitag bis 14 Uhr)

Familien-Workshop

Spielerische Werkbetrachtung mit anschließender praktischer Arbeit für Kinder ab 5 Jahren und ihre Begleitung. Dauer 1,5 bis 2 Stunden.

Familienkarte 7 Euro

Sonntag, 29. September und 8. Dezember 2024, um 14.30 Uhr

Anmeldung: Telefon 07531 900 2376 oder Mail: Franziska.Deinhammer@konstanz.de (Montag bis Freitag, Freitag bis 14 Uhr)

Familien-Führungen

Spielerische Führung durch die Ausstellung für Kinder ab 5 Jahren mit Begleitung. Dauer 45 bis 60 Minuten.

Familienkarte 7 Euro

Sonntag, 3. November 2024 und 12. Januar 2025, jeweils um 14.30 Uhr

Anmeldung: Telefon 07531 900 2376 oder Mail: Franziska.Deinhammer@konstanz.de (Montag bis Freitag, Freitag bis 14 Uhr)

Aus Wessenbergs Sammlung: Genreszenen und Tronien im Niederländischen Stil

Kabinettausstellung im 2. OG
Ab 14. September 2024

Holländische Schule (Anfang des 18. Jahrhunderts), Ohne Titel (Knabenkopf), ohne Jahr, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz, Erworben mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH
Holländische Schule (Anfang des 18. Jahrhunderts), Ohne Titel (Knabenkopf), ohne Jahr, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz, Erworben mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH

Die Wessenberg-Galerie beherbergt heute noch 141 Bilder aus Wessenbergs Nachlass. 31 davon stammen von flämischen bzw. holländischen Künstlern. Viele Werke seiner Sammlung erwarb Wessenberg auf Reisen. Unter den von ihm gesammelten Malern sind Angehörige aus der Utrechter, der Flämischen und der Holländischen Schule, die im 17. oder 18. Jahrhundert aktiv waren. Wessenberg besaß zudem einige Kopien. Zu Lebzeiten genossen sie noch einen höheren Stellenwert als heute. Werke angesehener Künstlerinnen oder Künstler, die sonst nicht zu erwerben waren, konnten so gesammelt und zu Hause intensiv betrachtet werden.

Genrebilder mit Menschen in alltäglichen Situationen, etwa beim Tischgebet oder Kartenspiel, gehören zu den typischen Bildgattungen nordischer Maler. Eine eher unbekanntere Bildkategorie sind Tronien – Darstellungen von Köpfen oder Menschen im Brustprofil. Es handelt sich dabei nicht um Portraits einer bestimmten Person zum Zweck der Repräsentation, sondern um sogenannte „Charakterköpfe“, die einen Wesenszug oder eine Altersgruppe wie Kinder oder alte Menschen zur Geltung bringen. Die Gesichtszüge in Tronien sind nicht selten in einer Bewegung eingefroren oder zeigen Personen in auffälliger Kostümierung und ausdrucksstarker Mimik. Tronien dienten den Künstlern als Studienköpfe für mehrfigurige Kompositionen, wurden aber auch als eigenständige Bildschöpfungen für den Kunstmarkt geschaffen.

Bild: Eigentum des Landes Baden-Württemberg. Erworben mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH.

Hans Meid – Eros und Gewalt

Kabinettausstellung im 2. Stock
Ab 4. Mai 2024

Hans Meid: Die Ehebrecherin; 1910; Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
Hans Meid: Die Ehebrecherin; 1910; Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz

1908 zog Hans Meid (1883 Pforzheim - 1957 Ludwigsburg) von Meißen, wo er für die berühmte Porzellanmanufaktur tätig gewesen war, nach Berlin, um dort sein Glück als freischaffender Künstler zu suchen. Unter dem Einfluss des aktuellen Berliner Kunstgeschehens begann er sich zunehmend am Impressionismus zu orientieren und rückte die Druckgraphik, vor allem die Kaltnadelradierung, in den Mittelpunkt seines künstlerischen Interesses. Innerhalb kurzer Zeit beherrschte er das gesamte Ausdrucksspektrum dieser Technik: Er belebt die Oberflächen seiner Darstellungen durch das akzentuierte Wechselspiel von Hell und Dunkel und erzeugt durch die Differenzierung der Schwarz-Weiß-Werte eine geradezu malerische Wirkung.
Meid griff in seinen frühen Radierungen die gesamte Bandbreite des impressionistischen Themenkanons auf. Auffallend ist jedoch sein Interesse für Aktdarstellungen. Meist sind es dramatische Szenen, die zwischen Eros und Gewalt changieren, die ihn inspirierten. Eingespannt ins enge Geviert des Blattes zeigt er wie in „Venusberg“ oder „Leda“ orgiastisch ineinander verschlungene Leiber. Aber auch das jähe Umschlagen von Lust in Gewalt („Die Ehebrecherin“) oder das unverhohlen Bedrohlich-Übergriffige gelangt in Blättern wie „Hades und Persephone“ und „Susanne im Bad“ zur Darstellung. Meids sinnliches Licht- und Schattenspiel lässt die nackten Körper leuchten, unterstreicht deren Bewegungen und steigert die den Szenen innewohnende Erregung.
Nach dem Ersten Weltkrieg verlor sich Meids barocke Formensprache, doch seine Vorliebe für unheimliche oder gewalttätige Vorgänge im diffusen Zwielicht dominierte sein Werk bis zuletzt. Biblische Themen wie „Die Versuchung des heiligen Antonius“ zeigen den von finsteren Mächten bedrängten Eremiten. Die der griechischen Mythologie entnommene Geschichte von der Entführung der Europa spielt dagegen im hellen Tageslicht, aber die Dramatik des plötzlichen Raubs der Königstochter versteht Meid auch in wenigen entschieden gesetzten Strichen höchst anschaulich zu machen.