Von der kommunalen Fürsorge zur modernen Jugendhilfe

100 Jahre Sozial- und Jugendamt Konstanz

Blumenvase, imHintergrund sitzende Menschenmenge
Im März 2025 hat das Sozial- und Jugendamt Konstanz sein 100-jähriges Bestehen mit einem Festakt gewürdigt.

Kinder und Jugendliche stärken, Familien unterstützen und gemeinsam Zukunft gestalten – das ist die Aufgabe des Sozial- und Jugendamtes (SJA) Konstanz. Was vor 100 Jahren in einer Zeit sozialer Krisen begann, hat sich heute zu einer tragenden Säule der sozialen Infrastruktur in der Stadt entwickelt.
 
Über die vergangenen 100 Jahre hinweg reagierte das Jugendamt stets auf gesellschaftliche und rechtliche Veränderungen und Herausforderungen. Nach dem schwierigen Einschnitt während der Zeit des Nationalsozialismus beispielsweise folgte ein rascher demokratischer Neubeginn. Seitdem stehen Prävention, Bildung und professionelle Unterstützung im Mittelpunkt.
 
Heute ist das Jugendamt wichtiger denn je – nicht nur als Anlaufstelle in familiären Krisensituationen, sondern vor allem als Partner für die präventive Begleitung von Kindern und Familien. Das Jubiläum 2025 bietet Gelegenheit, auf die bewegte Geschichte des Jugendamts zurückzublicken und zeigt zugleich Perspektiven für die Zukunft auf:

· 1925: Gründung des Jugendamts
Die Jugendämter entstanden in Deutschland wie auch in Konstanz als Reaktion auf soziale Notlagen nach dem Ersten Weltkrieg. Ziel war, der gesellschaftlichen Krise nach dem Ersten Weltkrieg zu begegnen, beispielsweise Inflation, Armut sowie Verwahrlosung vieler Kinder und Jugendlicher. Das Konstanzer Jugendamt war zunächst als Abteilung des städtischen Fürsorgeamts geplant und hat sich eigenständig organisiert. Es war zuständig für Pflegekinder und Amtsvormundschaften. Der Amtssitz war in der Bruderturmgasse.

·1933-1945: Gleichschaltung und späterer Neubeginn
Die Nationalsozialisten instrumentalisieren das Jugendamt für ideologische Zwecke: Das Jugendamt wurde in der NS-Zeit zunächst stark kritisiert und dann gleichgeschaltet. Die NS-Politik bedeutete eine radikale Abkehr von der sozialpädagogischen Tradition hin zu einer Kontrolle und Indoktrination von Kindern und Jugendlichen. Nach 1945 gelingt jedoch rasch ein demokratischer Neubeginn. Von dieser schwierigen Zeit geprägt, richtet das Jugendamt seine Arbeit neu aus und gestaltet den Grundstein für eine demokratische und sozialpädagogische Jugendhilfe, die bis heute wirkt.

·Nach 1945: Professionalisierung und Aufbau
In der Nachkriegszeit wird das Jugendamt eine zentrale Institution für den sozialen Wiederaufbau. Die 1970er Jahre bringen eine zunehmende Professionalisierung und Spezialisierung der Angebote. Bildung, Prävention und sozialpädagogische Betreuung gewinnen an Bedeutung und rücken in den Fokus. In dieser Zeit entsteht das moderne Fundament der Jugendhilfe in Konstanz. Das Sozial- und Jugendamt entwickelt sich zu einer zentralen Säule der sozialen Infrastruktur in der Stadt.

·Ab 2000: Präventive Innovationen
Seit den 2000er Jahren setzt das Sozial- und Jugendamt Konstanz verstärkt auf präventive Ansätze und zukunftsorientierte Strukturen. Die Idee, Belastungen frühzeitig zu erkennen und Familien wirksam zu unterstützen, wird konsequent ausgebaut. Mit dem Netzwerk „Frühe Hilfen“ gelingt es, Fachkräfte aus unterschiedlichen Bereichen – etwa Hebammen, Beratungsstellen und Ärztinnen und Ärzte – eng zu vernetzen. Das Projekt wird 2022 mit dem Deutschen Kita-Preis ausgezeichnet. Als erstes Jugendamt in Baden-Württemberg führt Konstanz eine Online-Kita-Vormerkung ein.

· 2025: Der Blick in die Zukunft
Das Sozial- und Jugendamt umfasst rund 460 Mitarbeitende in 30 Sachgebieten, darunter 13 Kitas, das Kinderkulturzentrum, zwei Jugendzentren, die Mobile Jugendarbeit, den Treffpunkt Petershausen, das Seniorenzentrum für Bildung und Kultur und die Sozialen Dienste. So geht das Amt ebenso präventiv wie unterstützend auf die Bedürfnisse der Stadtgesellschaft ein. Der Blick in die Zukunft zeigt: Herausforderungen wie der Fachkräftemangel, wachsende soziale Ungleichheit und der steigende Bedarf an frühkindlicher Förderung erfordern weiterhin Engagement und innovative Ansätze. Die Stadt Konstanz ist entschlossen, auch in den kommenden Jahrzehnten in ihre Jugend und Familien zu investieren, denn Bildung, Chancengleichheit und soziale Teilhabe sind essenziell für eine starke Stadtgesellschaft.
 
 

Kinder stärken, Chancen schaffen: 100 Jahre Engagement für die Kleinsten

Die Kindertagesbetreuung in Konstanz hat sich über ein Jahrhundert von einer reinen „Nothilfe“ zu einem vielfältigen Bildungs- und Unterstützungsangebot für Familien entwickelt. Seit den 1920er-Jahren wurden kontinuierlich neue Einrichtungen geschaffen, innovative pädagogische Konzepte eingeführt und familiennahe Strukturen ausgebaut – von den frühen Kindergärten über Horte bis hin zu modernen Kinder- und Familienzentren. Heute steht das System für Vielfalt, Qualität und Teilhabe. Die Stadt Konstanz arbeitet gemeinsam mit freien Trägern daran, jedem Kind einen guten Start ins Leben zu ermöglichen mit einem verlässlichen Angebot.

Jugend fördern, Teilhabe ermöglichen: Von der Betreuung zur Beteiligung
 
Die Kinder- und Jugendarbeit in Konstanz hat viele Phasen durchlaufen: Vom Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg über die Demokratisierung in der Nachkriegszeit bis hin zu heutigen Beteiligungsmodellen. Einrichtungen wie das Haus der Jugend, das JuZe, der Jugendtreff Berchen oder das Kinderkulturzentrum (KiKuZ) zeigen, wie sich offene und zielgruppenorientierte Arbeit in der Stadt stetig weiterentwickelt hat. Partizipation ist heute ein zentrales Prinzip: Die Jugendlichen gestalten aktiv mit. Auch durch die Zusammenarbeit mit Jugendverbänden, freien Trägern und dem Stadtjugendring ist ein dynamisches Netzwerk entstanden, das jungen Menschen Raum zur Entfaltung gibt.

Familien begleiten, im Alltag entlasten: Soziale Infrastruktur für ein gelingendes Zusammenleben
 
Die Unterstützung von Familien ist längst mehr als nur Hilfe in Krisenzeiten. Konstanz setzt mit dem Sozial- und Jugendamt auf eine breite Palette an Angeboten, die Familien im Alltag stärken: Erziehungs- und Familienberatung, Schulsozialarbeit, Startpunkte für junge Eltern, niedrigschwellige Hilfen und aufsuchende Sozialarbeit. Ziel ist es, Belastungen früh zu erkennen und passgenaue Lösungen zu entwickeln. Damit wird das Jugendamt seinem Auftrag „Prävention vor Intervention“ gerecht und schafft verlässliche Strukturen für ein gelingendes Familienleben in Konstanz.

Buchcover

Buch zum Jubiläum

Zum Jubiläumsjahr würdigt das Sozial- und Jugendamt Konstanz insbesondere die Eigenständigkeit der kreisangehörigen Stadt Konstanz als örtliche Trägerin der Jugendhilfe - verbunden mit einem klaren Versprechen, diesen Weg für die Konstanzer BürgerInnen innovativ fortzuführen. Zu diesem Anlass ist ein Buch erschienen. Der Band „Kommunale Fürsorge am Bodensee – Das Konstanzer Jugendamt 1925 bis 2025“ beleuchtet die hundertjährige Geschichte des Konstanzer Sozial- und Jugendamts kritisch und im Detail. Das Buch ist im Handel zu erwerben.

(Erstellt am 13. Juni 2025 13:39 Uhr / geändert am 25. Juni 2025 15:58 Uhr)